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Iranischer Kulturrat besucht das Jüdische Museum in Berlin

Besichtigung der Ausstellung „Willkommen in Jerusalem“ und ein Gespräch mit Prof. Dr. Peter Schäfer, Direktor des Jüdischen Museums Berlin

Der Kulturrat der islamischen Republik Iran, Seyed Ali Moujani, besuchte am 08. März 2019 Herrn Prof. Dr. Peter Schäfer, Direktor des Jüdischen Museums in Berlin und besichtige anschließend die aktuelle Ausstellung des Museums „Willkommen in Jerusalem“. Herr Professor Schäfer hieß den iranischen Kulturrat herzlich Willkommen und äußerte sein Bedauern, dass es nicht schon früher zu diesem Treffen kommen konnte. Prof. Schäfer gab einen Überblick über die Geschichte des Museums und deren Zielsetzungen und hörte anschließend den Äußerungen seines Gastes zu.

Herr Moujani bedankte sich bei Herrn Prof. Schäfer für seine Gastfreundschaftlichkeit und setze ihn über den eigentlichen Grund seines Besuches in Kenntnis:

  • Für den Kulturrat gehört es, angesichts der historischen Vergangenheit der Islamischen Republik Iran und angesichts diverser Kapazitäten dieses Landes, zu seinen Aufgaben, die Realitäten des Irans verdeutlichend zu präsentieren, um ein objektiveres Verständnis bezüglich der gesellschaftlichen sowie kulturellen Gegebenheiten dieses Landes, dessen Geschichte im Vergleich zu anderen Nationen, aufgrund seiner eminenten geographischen Lage als ein in Westasien vorhandenes Land eine ruhmreiche Vergangenheit genießt, zu vermitteln.
  • Der Iran ist ein Land, das im Vergleich zu einigen anderen Nachbarländern eine äußerst bemerkenswerte religiös pluralistische Vielfalt aufweist. Die Präsenz der Offenbarungsreligionen im Iran ist allgegenwärtig. Die jüdische Gemeinschaft im Iran macht über zwanzigtausend Religionsangehöriger unserer iranischen Mitbürger aus. Alle, dazu auch die Christen, Assyrer, Armenier und die Zoroastrier haben die Möglichkeit im Parlament einen unabhängigen Abgeordneten zu stellen, ein Beispiel religiöser Vielfalt. In meinem Land existieren nicht nur aktive Synagogen, in denen religiöse Riten stattfinden, sondern auch viele Heiligtümer der jüdischen Geschichte. Es befinden sich Mausoleen in dem heutigen politisch-geographischen Territorium des Irans, in denen israelitische Propheten wie Daniel, Habakuk, Jesaja, Ezechiel und Kedar begraben liegen. Diese Orte werden von allen Iranern verehrt, unabhängig ihrer religiösen Einstellungen. Ein Beispiel ist das Grabmal von Sara Khatun, unweit der Stadt Isfahan, hier finden gemeinsame zeremonielle Veranstaltungen von iranischen Muslimen und Juden statt.
  • Aus historischer Sicht spielen die Iraner in der jüdischen Geschichte eine sehr beachtenswerte und beeindruckende Rolle. Der älteste Bericht beinhaltet einen Hinweis auf Kyros, dem achämenidischen Großkönig, der besagt, dass er Hilfe leistete bei der Rückkehr von jüdischen Gefangenen Babylons nach Kanaan in Palästina. Ein weiteres Beispiel bezieht sich auf die Bemühungen der Iraner zur Rettung der Juden im zweiten Weltkrieg.
  • Es wurde eine große Anzahl von europäischen Bürgern aufgenommen wie z.B. polnische und sogar deutsch jüdische Flüchtlinge, welche in den Kriegsjahren im Iran einen sicheren Zufluchtsort fanden und dort in diversen Bereichen industriell, kulturell, wissenschaftlich und wirtschaftlich, fern von der Gewalt und dem Radikalismus in Europa, tätig werden konnten.
  • Bezüglich der negativen medialen Auffassung und den politischen Äußerungen hinsichtlich des Irans und dem Vorwurf des Antisemitismus, dürften die zahlreichen Studiengänge an Orten wie den Theologischen-Schulen (Hawza) im zur Untersuchung des jüdischen Glaubens und der Theologie ein Beweis für das Gegenteil ihrer Aussagen sein. Andere noch deutlichere Beispiele können Sie an den Aktivitäten von Zentren wie der Universität für Religion und Konfession erkennen, wo jüdische Theologie unter Teilnahme jüdischer Rabbiner aus dem Iran zur Diskussion gestellt und erforscht wird.
  • Archive und Bibliotheken in Iran enthalten historische schriftliche, visuelle und auditive Quellen sowie Schriften und Indizien, welche für das Studium der jüdischen Geschichte sehr bedeutend und beachtenswert sind. Beispielsweise wurden die alten im Golestan-Palast vorhandenen Aufnahmen aus der Qadscharen Ära, von denen ein Teil das soziale Leben jüdischer Iraner, religiöse und kommerzielle Orte, Persönlichkeiten religiöser Minderheiten, darunter auch Juden betreffende Professionen, Plätze und Persönlichkeiten, kategorisiert.
  • Das erste Druckwerk für den Publikationsbereich entstand im Jahre 1648. Es handelt sich um einen Teil des Buches Psalmen von David dem Propheten aus der Heiligen Schrift Tanach, welches auch eine Bestätigung dessen ist, dass literarische Verlage im Zusammenhang mit dieser monotheistischen Religion eine beispielhaft lange und glorreiche Vergangenheit haben.
  • Anhand dieser Gegebenheiten erscheint es möglich, fern von den medialen Strategien und ihren Folgen, nur aufgrund einer anthropologischen Sichtweise ein umfassenderes Verständnis über die heutigen Realitäten der Islamischen Republik Iran zu vermitteln, den Boden für den Dialog, Veranstaltungen und Ausstellungen zu bereiten sowie durch das Publizieren gemeinsamer Werke eine Beziehung zwischen Experten zu schaffen.
  • Es gab eine Reihe eindrucksvoller Werke, welche im Zuge der Ausplünderung des historischen Kulturguts des Irans außerhalb dieses Landes gebracht wurden und sich jetzt in einigen Universitäten wie Haifa oder im Privatbesitz von Familien in Europa und Amerika befinden und dort aufbewahrt werden. Die Erforschung dieses Aspekts lässt die damaligen Verhältnisse und die interaktive kulturelle und gesellschaftliche Beziehung zwischen den Muslimen und den Juden im Iran gut erkennen.
  • Beispielsweise konnten wir letztes Jahr in Kooperation mit dem deutschen Außenministerium und der UNESCO eine umfangreichere Vorstellung der mannigfaltigen Wirklichkeiten im Iran darstellen, durch gemeinsame Ausstellungen und gerade durch die Veröffentlichung eines Albums mit dem Titel Einsicht – Drei Reisen in die innerste Welt des schiitischen Islam, erschienen im Kehrer Verlag mit einem Teil der historischen Bilder von den heiligen Stätten der Schiiten aus dem Golestan Palast.
  • Sicherlich ist Ihnen als eine wissenschaftliche Persönlichkeit bekannt, dass ein beträchtlicher Teil von dem, was die Iraner nach dem Islam durch das Schiitentum erbten, ein bemerkenswertes Potential theologischen Dialogs mit anderen Religionen wie dem Christentum – oder Judentum war. Es ist nicht unbegründet, dass sich heute in der Universität Münster eine bemerkenswerte Sammlung von Dokumenten und Indizien befindet, welche auf die 250 jährigen Verhältnisse der Hawza Ilmiyya Isfahan und Teheran verweisen, wo in der Zeit der Qadscharen und Safawiden theologische Dialoge zwischen den religiösen Führern des Islams und des Christentums stattfanden. Solche Beispiele lassen sich auch im Dialog mit anderen Religionen in beachtenswerter Form wiederfinden. Aus diesem Grund bitte ich Sie um Erlaubnis, Ihnen ein Manuskript der Übersetzung einer der wichtigsten Schriften des Schiitentums, welche vor eintausend Jahren verfasst und erst kürzlich durch den Kulturrat der Botschaft der Islamischen Republik Iran in deutscher Sprache veröffentlicht wurde, zur Verfügung stellen zu können. Dieses Werk mit dem Titel Tuhaf al-Uqul , erschienen im Eslamica Verlag, beinhaltet die Einstellung der wichtigsten religiösen Führer der schiitischen Welt, ihrer Imame (a.) und des Propheten (s.) des Islam in Form von moralischen und gedanklichen Predigten. Es ist erfreulich, dass sich ein Teil dieses Werkes direkt mit dem jüdischen Glauben befasst.
  • Wie Sie bestimmt wissen gibt es in der schiitischen Welt die Basis des Ijtihads (Feststellung von Normen durch eigenständige Bemühungen bezüglich einer Urteilsfindung). Dieser verfügt über mehrere Stufen immer mit dem Fokus auf die beiden Aspekte Verstand und Zeit neben islamischen Quellen und Basisschriften und unter Zuhilfenahme kultureller und gedanklicher Dynamik für die Erläuterung der Bedürfnisse des heutigen Menschen, was alles sehr vereinfacht, und uns mit Stolz erfüllt. Natürlich betrifft ein Teil dieser Kapazitäten der schiitischen Welt auch den Dialog, welcher den interreligiösen Austausch und die Interaktion mit anderen Religionen ermöglicht. Heutzutage bemüht sich ein weitreichendes Netzwerk mit Studien und theologischen Schriften diverser Religionen in Konfrontation mit den heutigen Bedrohungen und Verhältnissen, die durch auf Gewalt basierenden politischen inkorrekten Interpretationen religiöser Lehren beruhen.
  • Ein weiteres Thema, auf das ich Ihre Aufmerksamkeit richten möchte ist, dass heutzutage über die zwei völlig konträren Begriffe Antisemitismus und Antizionismus neue Töne zu vernehmen sind wie Gleichsetzung beider Begriffe, was in Form eines Paradigmas wieder einmal ein Schatten über einen Teil von Europa wirft und eine realitätsferne Darstellung religiöser Überzeugungen und ursprünglicher Werte der Religionen liefert.
  • Die Erfahrungen des letzten Jahrhunderts zeigen uns, dass das, was als Antisemitismus in Europa den Boden für die Katastrophe des zweiten Weltkrieges bereitete, weniger der christlichen Theologie zuzusprechen, als auf bestimmte politische und ideologische Lesarten zurückzuführen ist und die Ursache für eine der größten Tragödien der gesamten Weltgemeinschaft war, mit der Zentralität Europas. Dieses Phänomen spiegelte sich aber auch in anderen Formen wider wie in Gewalt, der von politischen Haltungen beeinflussten Glaubensüberzeugungen zugrundeliegen. Heute wurde man, vor allem nach der Gelbwestenkrise in Frankreich, Zeuge darüber, dass sich unter einigen politischen Führern die Denkweise verbreitete, zwei unterschiedliche Begrifflichkeiten den Antisemitismus und den Antizionismus miteinander gleichzusetzen.
  • Nicht-wissenschaftliche politische Beurteilungen könnten sich zu politischen Begriffen ausweiten und für die Religionen große Schäden mit sich bringen. Das ist genau dem erfundenen Bild ähnlich, das die westlichen Medien von den gewaltsamen unvorstellbaren inhumanen Handlungen des IS präsentierten, eine absolut verzerrte Widerspiegelung des Islams, welches sie mit den Muslimen in Verbindung setzten. Aus der Sicht der Islamischen Republik Iran besteht zwischen dem IS als Abfall eine eminente Distanz zum Islam (siehe Briefe Ayatollah Khameneis an die Jugend in Europa und Amerika).
  • Um neue Katastrophen zu verhindern müssen wir heute genauestens den eigentlichen Spuren und Evidenzen hinterhergehen, durch das Studium von Schriften aus den Archiven und Dokumentationen in Anlehnung an die Geschichte. So wie wir die Grenze zwischen dem IS und dem Islam durch wissenschaftliche Arbeit und Literatur verdeutlichen, müssen wir auch die Grenze zwischen dem Zionismus und dem Judentum bewahren. Die Rettung des Judentums, so wie Sie sich darum bemühen, ist über die Erforschung der Geschichte der Juden in Europa fern von politischen Orientierungen und anhand objektiver Realitäten, die im Rahmen historischer Begriffe definiert werden, möglich. Sollten sich dann die Jüdischen Studien in ihrer wahren Form fortsetzen und sich nicht durch politischen Druck eindämmen lassen, wäre das bewundernswert.
  • Hier, in meiner Position eines Diplomaten möchte ich darauf aufmerksam machen, dass ich den erhobenen Einwand und die Reaktion deutscher Amtsträger und ebenso Ihres Museums bezüglich der Ausstellung „Willkommen in Jerusalem“ genau gelesen habe und nützliche Punkte darin erkannte.
  • Für den Großteil der Muslime und auch für die Islamische Republik Iran zählt die jüdische Religion, befreit von politischen Motiven und Etikettierungen, zu den verehrten Offenbarungsreligionen. Die sozialen und historischen Rechte der jüdischen Minderheit des Irans beinhalten die Bewahrung und Respektierung der Orte, an denen Gebräuche und Riten stattfinden. Außerdem können wir mit Stolz sagen, dass einige unserer Kapazitäten heutzutage uns die Möglichkeit gibt, eine Grundfeste interreligiöse Beziehungsbrücke zu bauen mit Mitteln wie eine museale, kunstbezogene wissenschaftliche Zusammenarbeit und dergleichen.

Als Antwort auf die Äußerungen des Kulturrates merkte Herr Prof. Peter Schäfer, Direktor des Museums der jüdischen Geschichte Deutschlands folgende Gesichtspunkte an:

[…………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………( Auf Wunsch der Leitung des Museums ist dieser Teil mit den Aussage und Ansichten von Prof. Dr. Peter Schäfer und das Foto des Gesprächs aus der Meldung entfernt worden.)]

Nach diesem Gespräch wurden verschiedene Abteilungen der Ausstellung in Begleitung der Kuratorin besichtigt. Im Zusammenhang mit dieser Ausstellung waren die wichtigsten Äußerungen der Kuratorin, welche während der Besichtigung angesprochen wurden, folgende:

[…………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………( Auf Wunsch der Leitung des Museums ist dieser Teil mit Ausführungen der Kuratorin Frau Cilly Kugelmann aus der Meldung entfernt worden.)]

Bildergalerie: Willkommen nach Jerusalem: http://web.irankultur.com/?p=9577

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3 comments

  1. Ich als bekennender Antizionist, empfand die Lektüre dieses Textes als sehr aufschlussreich.

  2. sandra kreisler

    Zionismus ist eine Befreiungsbewegung. Zionismus ist der Gedanke, dass alle Weltreligionen eigene Länder haben – oder, wie im Falle der Zoroastrier, sich ihre Länder mit der Zeit anderen Glaubensrichtungen zuwandten (die Perser waren ursprünglich alle Zoroastrier, aber das ist schon tausende Jahre her). Der Versuch, Zionismus und Judentum voneinander zu trennen ist nichts weiter als Antisemitismus. Die Geschichte hat wieder und wieder gezeigt, dass es wegen des überall immer wieder neu gewalttätig auftretenden Antisemitismus schlicht notwendig ist, dass die Juden ein eigenes Land haben – und welches wäre sinnvoller, als jenes, das ihnen ursprünglich gehörte, auf dessen Boden erst das Judentum, und daraus heraus dann Christentum und Islam entwickelt wurden. Es gibt so unzählbar viele Belege, dass das Land den Juden gehörte (darunter 3 Suren im Koran: Sure 5, 20-21; Sure 7, 137; Sure 17, 104) dass es nur Hass und Ignoranz seinen können, dies zu negieren. Wer den Juden ihr Land vorenthalten möchte, möchte, dass Juden endgültig aussterben – und das ist Antisemitismus.

  3. sandra kreisler

    Zionismus ist eine Befreiungsbewegung. Zionismus ist der Gedanke, dass alle Weltreligionen eigene Länder haben – oder, wie im Falle der Zoroastrier, sich ihre Länder mit der Zeit anderen Glaubensrichtungen zuwandten (die Perser waren ursprünglich alle Zoroastrier, aber das ist schon tausende Jahre her). Der Versuch, Zionismus und Judentum voneinander zu trennen ist nichts weiter als Antisemitismus. Die Geschichte hat wieder und wieder gezeigt, dass es wegen des überall immer wieder neu gewalttätig auftretenden Antisemitismus schlicht notwendig ist, dass die Juden ein eigenes Land haben – und welches wäre sinnvoller, als jenes, das ihnen ursprünglich gehörte, auf dessen Boden erst das Judentum, und daraus heraus dann Christentum und Islam entwickelt wurden. Es gibt so unzählbar viele Belege, dass das Land den Juden gehörte (darunter 3 Suren im Koran: Sure 5, 20-21; Sure 7, 137; Sure 17, 104) dass es nur Hass und Ignoranz seinen können, dies zu negieren. Wer den Juden ihr Land vorenthalten möchte, möchte, dass Juden endgültig aussterben – und das ist Antisemitismus.

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